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Handelsblatt veröffentlicht Trendviertel-Reihe 2021
vdpResearch Marktaspekte: Die neue Veröffentlichungsreihe
Wohnflächenverbrauch: Einwohner leben auf immer mehr Quadratmetern
Die Veröffentlichungsreihe Marktaspekte geht in die zweite Runde. In kurzen und prägnanten Beiträgen beleuchten wir aktuelle sowie andere wesentliche Ereignisse des Immobilienmarktes. Heute widmen wir uns dem Thema „Wohnflächenverbrauch“ und der signifikanten Veränderung in den letzten Jahrzehnten. Gleichzeitig werfen wir einen Blick auf die Entwicklung vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie.
Einwohner leben auf immer mehr Quadratmetern
Huckleberry Finn wohnte in einer Tonne, nicht weil er musste, sondern weil er diese dem Haus von Witwe Douglas und ihrer Schwester vorzog. Auch der griechische Philosoph Diogenes lebte in einer Tonne. Er leistete so glaubhaft Widerstand gegen unreflektierte Bedürfnisbefriedigung und gesellschaftliche Zwänge.
Doch die meisten Menschen wohnen lieber in Häusern oder Wohnungen – auch Lebenskünstler und Philosophen.
Der Wohnflächenverbrauch nimmt dabei in Deutschland seit Jahrzehnten kontinuierlich zu. Das hat verschiedene Gründe. Das Einkommen spielt eine wichtige Rolle. Nach dem Auszug aus dem elterlichen Haus nimmt dieses mit der Zeit zu und ermöglicht schrittweise das Leben auf großzügigeren Wohnflächen. Ein anderer Grund ist ein remanentes Wohnverhalten in der zweiten Lebenshälfte. Zunächst wohnt man zusammen mit Partner und Kindern in der Wohnung mehr oder in dem Eigenheim weniger beengt. Nach einigen Jahren zieht zunächst das erste Kind, dann das Nächste aus – und am Ende ist für den Einzelnen mehr Platz denn je vorhanden. Darüber hinaus werden besonders in Großstädten Wohnungen als Zweitwohnsitz von etwa Berufspendlern belegt.
Allgemein formuliert: Die wichtigste ökonomische Einflussgröße auf die Wohnungsnachfrage ist das verfügbare Einkommen pro Kopf. Das Einkommen ist sowohl im Querschnitt als auch in der zeitlichen Entwicklung stark mit der Pro-Kopf-Wohnflächennachfrage korreliert. Entsprechend hat das Einkommenswachstum zusammen mit altersstrukturellen Bevölkerungsveränderungen dazu beigetragen, dass seit den 1950er Jahren die Zahl der Personen je Haushalt sinkt und der Wohnflächenverbrauch pro Person stark steigt. Die Grafik zeigt, dass die Pro-Kopf-Wohnfläche allein zwischen 1995 und 2019 um rund 28 %, von 36,7 m² auf 47 m², angestiegen ist.
Der Anstieg wird anhalten. So nimmt in Deutschland aufgrund der Altersstruktur die Zahl der kleinen Haushalte zu. In Verbindung mit der Tendenz, die einmal bezogene Wohnung im Alter beizubehalten,
steigt auch der Flächenverbrauch pro Kopf. Der Flächenzuwachs wird aber aller Voraussicht nach deutlich flacher verlaufen als in der Vergangenheit. Die Mobilität älterer Menschen etwa nimmt zu, was den Remanenzeffekt auflockert. Auch ist in Rechnung zu stellen, dass die zunehmende Alterung der Gesellschaft das Produktions- und Einkommenswachstum negativ beeinflusst, was den Wohnflächenzuwachs zusätzlich abschwächt. In die gleiche Richtung wirkt aktuell die hohe Anziehungskraft der Städte, wo Wohnraum bekanntlich knapp und teuer ist. Auf der anderen Seite steht die Bedeutung der eigenen Wohnung als Arbeitsort. In der Post-COVID-19-Welt werden im Durchschnitt mehr Menschen von zu Hause arbeiten als zuvor. Der eine oder andere wird dabei seinen Flächenbedarf neu bestimmen.
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