Stau im Mietwohnungsbau
Eine weitere Ausgabe der Veröffentlichungsreihe Marktaspekte. In kurzen und prägnanten Beiträgen beleuchten wir aktuelle sowie andere wesentliche Ereignisse des Immobilienmarktes. Heute beschäftigt uns das Thema „Stau im Mietwohnungsbau“.
Grenzen der Angebotsausweitung aufgrund hoher
Gestehungskosten
Momentan sieht es so aus, als würde es der Wohnbautätigkeit an Kraft fehlen, mit dem Bedarf an Mietwohnungen Schritt zu halten. Von Monat zu Monat werden weniger Wohnungen in Mehrfamilienhäusern genehmigt, und die Zahl der fertig gestellten Geschosswohnungen bleibt zunehmend hinter der entsprechenden Genehmigungszahl zurück. Nur eine Sache wächst, der Bauüberhang, das heißt der Abstand zwischen den genehmigten und den fertiggestellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Baurecht ist also vorhanden, es staut sich sogar mehr und mehr auf, was fehlt ist ihre Transformation in Bauleistung.
Ursachen für fehlende Transformation
Zu einem Teil sind hierfür Kapazitätsgrenzen in der Bauwirtschaft und Materialengpässe verantwortlich; viele Gewerke arbeiten seit einiger Zeit am Limit und nicht selten mangelt es an Vorprodukten. Hinzu kommt ein anderer Punkt, der sicher ebenso schwer wiegt. Für den renditeorientierten Mietwohnungsbau sind die Gestehungskosten von Wohngebäuden und das Niveau der Mieten von zentraler Bedeutung. Üblicherweise wird nur dann gebaut, wenn die vom Investor angestrebte Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals mit einiger Sicherheit erreicht werden kann. Diesbezüglich hat sich zuletzt einiges geändert. Im vergangenen Jahr sind sowohl die Gestehungskosten von Wohngebäuden als auch die Kredit- und Kapitalmarktzinsen stark gestiegen. Die Renditemöglichkeiten für neue Investitionen haben sich dadurch deutlich verschlechtert.
Die Gestehungskosten von Wohngebäuden setzen sich nach der DIN 276 aus den Grundstückskosten (Kostengruppe 100), den Herstellungskosten (Kostengruppen 200 bis 700) und den Finanzierungskosten (Kostengruppe 800) zusammen. In der Regel entfällt der größte Kostenblock auf die Bauwerkskosten, wobei diese Position in den hochpreisigen Großstädten nicht selten von der Kostengruppe ‚Grundstück‘ eingenommen wird.
Deutlicher Anstieg der Herstellungskosten für Mehrfamilienhäuser
Nach Erhebungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. in Kiel betrugen die Herstellungskosten für Mehrfamilienhäuser im vierten Quartal 2021 einschließlich der Grundstückskosten, aber ohne die Kostengruppe Finanzierung, im Median rund 4.270 € je m² Wohnfläche. Grundlage hierfür sind abgerechnete Bauvorhaben in deutschen Großstädten. Werden diese Kostenangaben unter Zuhilfenahme der jüngsten Entwicklung der Bauland- und Bauleistungspreise fortgeschrieben, kommt man für das dritte Quartal 2022 zu Mediankosten in Höhe von rund 4.800 € je m² Wohnfläche. Je nach Standort und Bauausführung sind auch deutlich höhere Beträge möglich, wie an der folgenden Abbildung zu erkennen ist.
Das heißt, dass frei finanzierter Wohnungsbau bei dem vorherrschenden Mietniveau unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten im größeren Umfang vielerorts nicht mehr attraktiv ist. Der Anstieg der Bauland- und Bauleistungspreise kommt einem Hindernis gleich, das einer bedarfsgerechten Angebotsausweitung im unteren und mittleren Mietsegment im Wege steht. Der Zugang an neuen Mietwohnungen bleibt auch deshalb bei voller Pipeline und hoher Nachfrage verhältnismäßig gering und vorerst weit hinter dem zurück, was für eine Entspannung der Mietmärkte notwendig wäre.
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