Preis- und Mietentwicklung bei Ertragswertimmobilien in Deutschland
Eine weitere Ausgabe der Veröffentlichungsreihe Marktaspekte. In kurzen und prägnanten Beiträgen beleuchten wir aktuelle sowie andere wesentliche Ereignisse des Immobilienmarktes. Heute beschäftigt uns das Thema „Preis- und Mietentwicklung bei Ertragswertimmobilien in Deutschland“
Zur aktuellen Rolle der Liegenschaftszinssätze
Preise und Nettomieteinnahmen sind bei Ertragswertimmobilien eng miteinander verbunden. Wie viel die Käufer von Immobilien zu zahlen bereit sind, hängt entscheidend davon ab, welche regelmäßigen Geldbeträge die Objekte nach Abzug aller Kosten abwerfen. Deshalb zeigen Nettomieten und Preise auf lange Sicht einen ähnlichen Verlauf. Kurzfristig liegt die Sache aber durchaus anders. Immobilienpreise können in Relation zu den Mieten vorübergehend steigen oder fallen. Das zeigt sich im Liegenschaftszinssatz, der in vereinfachter Form dem Quotienten aus Reinertrag und Kaufpreis entspricht. Dieser Quotient bringt zum Ausdruck, welchen Wert die Käufer von Immobilien künftigen Nettomieteinnahmen heute beimessen. Liegenschaftszinssätze verhalten sich invers zu Kaufpreisen. Hohe Liegenschaftszinsen gehen mit niedrigen Preisen einher und umgekehrt. Gegenwärtig werden künftige Einnahmen weniger wertgeschätzt als noch vor einem halben Jahr. Das zeigt die folgende Abbildung für Mehrfamilienhäuser, Büro- und Einzelhandelsimmobilien.
Bei Mehrfamilienhäusern stehen seit Mitte letzten Jahres nachgebenden Preisen stark steigende Mieten gegenüber, bei Büroimmobilien sind die sinkenden Preise seit drei Quartalen von tendenziell leicht steigenden Mieten begleitet und bei Einzelhandelsimmobilien fallen die Preise nicht erst neuerdings stärker als die Mieten. In allen drei Fällen haben wir derzeit alles andere als eine Eins-zu-eins-Beziehung zwischen den Variablen Preis und Miete. Auf der Grundlage von tatsächlichen Kaufpreisen und tatsächlichen Mieten messen wir steigende Liegenschaftszinssätze.
Worin liegt das begründet?
Im Kontext des Barwertmodells lässt sich der Liegenschaftszins in die Komponenten sicherer Zins, Risikoprämie und erwartetes Mietwachstum zerlegen; demzufolge kann ihr Anstieg auf einen höheren sicheren Zins, höhere Risikoprämien und verschlechterte Ertragserwartungen zurückgeführt werden.
Als sicherer Zins wird dabei üblicherweise die Rendite für Bundesobligationen herangezogen, die seit Anfang des letzten Jahres stark aufwärts tendiert. Es liegt auf der Hand, dass unter diesem Einfluss Investoren nun für alle Immobilienarten unisono höhere Liegenschaftszinsen ansetzen als vor einigen Quartalen. Hinzu kommen die objektartspezifischen Einflüsse, die sich in der Risikoprämie und den Ertragserwartungen zeigen.
Es ist bekannt, dass auf den Mietwohnungsmärkten derzeit ein hoher Wohnraumbedarf herrscht, während die Nachfrage nach Büro- und Einzelhandelsflächen vielerorts bröckelt. Entsprechend variieren die Ertragserwartungen und Risikoprämien. Wohnimmobilien sind hier eindeutig im Vorteil, sie zeigen gegenüber Gewerbeimmobilien das günstigere Rendite-Risiko-Profil. Das wird dazu führen, dass die Anpassung der Kapitalwerte an die Mietentwicklung weniger deutlich ausfallen wird als bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien.
Bei Einzelhandelsimmobilien ist diese Anpassung im Großen und Ganzen abgeschlossen, was zur Folge haben dürfte, dass hier die Preise in einem stabilen Zinsumfeld – parallel zur Mietentwicklung – in absehbarer Zeit wieder leicht aufwärts tendieren werden.
Autor