Eigentümerquote: Veränderungen innerhalb eines Jahrzehnts
Eine weitere Ausgabe der Veröffentlichungsreihe Marktaspekte. In kurzen und prägnanten Beiträgen beleuchten wir aktuelle sowie andere wesentliche Ereignisse des Immobilienmarktes. Heute beschäftigt uns das Thema „Eigentümerquote: Veränderungen innerhalb eines Jahrzehnts„.
Zensusergebnisse 2022 und 2011 im Vergleich
Mit dem Erscheinen der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) als Teil des Zensus 2022 liegt erstmals seit 2011 eine Vollerhebung des Bestandes an Gebäuden und Wohnungen in Deutschland vor. Zu den erhobenen Merkmalen aus dem Wohnungsbestand zählt die Eigentümerquote, die sich auf Wohngebäude (ohne Wohnheime) bezieht und als Anteil des selbst genutzten Wohneigentums an allen bewohnten Wohnungen definiert ist. Unter Hinzunahme der Ergebnisse aus dem vorangegangenen Zensus lässt sich bestimmen, wie sich die Eigentümerquoten zwischen 2011 und 2022 in verschiedenen Verwaltungseinheiten entwickelt haben.
Aus kreditwirtschaftlicher Sicht war diese Periode geprägt von zwei entscheidenden Entwicklungen für den Erwerb von Wohneigentum in Deutschland.
Zum einen verteuerten sich Wohnimmobilien sehr stark und zum anderen herrschte ein historisch niedriges Zinsumfeld für Wohnbaukredite, in dem die Marke von 2 % zwischen 2015 und 2021 im Jahresdurchschnitt nicht überschritten wurde.[1] Dabei sind beide Entwicklungen nicht unabhängig voneinander zu betrachten; vielmehr wurde die allgemeine Preissteigung maßgeblich durch die fallenden Zinsen getrieben.
Verschlechterung von Verhältnis aus Preisen und Einkommen
Während sich die Preise für Wohnimmobilien zwischen 2011 und 2022 nahezu verdoppelten (vdp-Preisindex, selbst genutztes Wohneigentum), stieg das Sparpotenzial aufgrund wachsender Haushaltseinkommen zwar auch kontinuierlich an, aber weitaus weniger dynamisch. Auch dadurch verschlechterte sich das Verhältnis aus Preisen und Einkommen (Erschwinglichkeit) aus Käufersicht; denn: mit steigenden Preisen steigt auch die Höhe des einzubringenden Eigenkapitals sowie der Kaufnebenkosten, welche i.d.R. aus dem angesparten Vermögen bedient werden. Befragungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zeigen, dass sich die Erschwinglichkeit von zwischen 2012 und 2021 erworbenen Immobilien wesentlich verschlechterte.[2]
Weiteres Ergebnis zur monatlichen Belastung der Haushaltseinkommen
Ein weiteres Ergebnis der Befragung ist, dass sich die monatliche Belastung der Haushaltseinkommen durch die Finanzierung (Tragbarkeit) während des Zeitraumes zunächst verringerte, ab 2018 jedoch wieder anstieg. Hatte die günstigere Tragbarkeit in Kombination mit Nachfrageanpassungen während der ersten Phase noch das Potenzial, die abnehmende Erschwinglichkeit auszugleichen, war dies in den späteren Jahren nicht mehr der Fall. Aufgrund begrenzter renditeträchtiger Alternativen könnte die Eigentümerquote in den 2010er Jahren auch dadurch gekennzeichnet worden sein, dass Menschen vermehrt in Immobilien zur Vermietung investiert haben. Zu finanzierungsferneren Faktoren, die die Eigentümerquote beeinflussen können, zählen u.a. demografische Entwicklungen, Präferenzen im Konsum und der Lebensgestaltung oder die Attraktivität des lokalen Mietmarktes.
Bundesweit verringerte sich die Eigentümerquote zwischen den beiden Zensus um ca. 1,5 Prozentpunkte (%p) von 45,9 % im Jahr 2011 auf 44,3 % 2022. Die Veränderungen in den 400 Kreisen fielen jedoch sehr unterschiedlich aus, nicht zuletzt wegen der regional unterschiedlichen Entwicklungen der Haushaltseinkommen und Immobilienpreise. Bis auf wenige Ausnahmen entwickelten sich die Eigentümerquoten in den neuen Ländern positiv, während die ehemalige Bundesrepublik größtenteils Rückgänge verzeichnete. Als Erklärungsansätze dafür können u.a. die unterdurchschnittlichen Preisniveaus sowie die historisch bedingte Eigentumsstruktur und damit verbundene Nachholeffekte dienen. Unter den alten Bundesländern fielen die negativen Veränderungen im Norden, westlich des Rheins sowie in der oberen Südhälfte Bayerns deutlicher aus, wobei die Eigentumsquoten in vielen der zugehörigen Kreise 2011 überdurchschnittlich waren.
Unterscheidung auf Landkreisebene nur unwesentlich
Auf Ebene der Bundesländer gab es den stärksten Zuwachs bzw. Rückgang in Sachsen (+1,1 %p) und im Saarland (-3,61 %p). Zwischen den Kreistypen unterschied sich der Rückgang der Eigentümerquote mit -1,9 %p bei den kreisfreien Städten und -1,7 %p in den Landkreisen absolut nur unwesentlich, wobei sich letzterer bekanntermaßen auf einem deutlich höheren Niveau abspielte. Unter allen 400 Kreisen verzeichnete die thüringische Stadt Suhl den stärksten Zuwachs im selbstgenutzten Eigentum (+4,3 %p), während die Eigentümerquoten in den niedersächsischen Landkreisen Cloppenburg, Vechta und Emsland mit jeweils über 8 %p am meisten abnahmen. Im Anschluss an die Zinswende 2022 erhöhte sich die Einkommensbelastung durch neue Finanzierungen massiv, während sich die Erschwinglichkeit durch Preissenkungen verbesserte. Sinkende Fallzahlen bei den Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser deute im Neubau auf einen negativen Trend zum Eigentum hin, da dieses Segment vor allem von Selbstnutzern bewohnt wird.
- 1 Bundesbank: Wohnbaukredite mit anfänglicher Zinsbindung von über 10 Jahren
- 2 Befragung zur Wohneigentumsbildung in Deutschland
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