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Zwei Ökonomen blicken zurück, voraus und vor allem hinter Hypes und Hysterien
Immobilienmarkt Deutschland zum Jahresanfang 2019
Covid-19 und der Immobilienmarkt
Vorläufiges zu den Wirkungen des Coronavirus auf den Immobilienmarkt
Dr. Franz Eilers
Covid-19 ruft uns in Erinnerung, wie anfällig wir gegenüber Störungen sind. Das Virus hat weltweit bereits beträchtliches menschliches Leid hervorgerufen – und jeder von uns, aber auch Gesellschaft und Wirtschaft als Ganzes spüren die Folgen dieser unerwarteten Pandemie. Alle können erkennen, dass die Situation sehr ernst ist. So signalisieren zum Beispiel die Turbulenzen auf den Aktienmärkten hohe Unsicherheiten auf Seiten der Anleger. Es besteht kein Zweifel, dass die wirtschaftliche Produktion in den kommenden Wochen kräftig nachgeben und mancher Marktteilnehmer in Not geraten wird. Wir wissen aber auch, dass sich das Virus zurückziehen wird, wann und wie schnell wissen wir aber nicht.
Die immobilienwirtschaftlichen Folgen des Corona-Schocks sind komplex und sind dementsprechend schwer abzuschätzen. Daraus resultieren Unsicherheiten über die weitere Entwicklung, die wiederum mit Abwärtsrisiken verbunden sind. Auch wenn viele Fragen offenbleiben, einige Konturen zeichnen sich ab. Klar ist, dass der Schock wesentliche Elemente von Nachfrage und Angebot umfasst:
Auf der Nachfrageseite werden alle Teilmärkte unmittelbar stark negativ beeinflusst, die einen engen Bezug zu Mobilität und Reisetätigkeit besitzen. Dies trifft in erster Linie für den Immobilienbereich zu, der sich unter der Überschrift Tourismus und Hotelwesen subsummieren lässt. Quarantänemaßnahmen, Reiseverbote und -beschränkungen sowie die Schließung öffentlicher Veranstaltungen und das Verbot von Großveranstaltungen werden hier zu einem außerordentlich starken Nachfrageeinbruch führen. In die gleiche Richtung wirkt der Corona-Schock bei den Einzelhandelsimmobilien, sofern nicht Waren des täglichen Bedarfs geführt werden; hier ist ebenfalls mit erheblichen Umsatzeinbußen zu rechnen. Dies vor Augen ist davon auszugehen, dass sich Investoren auf diesen Teilmärkten zunächst sehr zurückhaltend verhalten werden.
Mittelbar beeinflusst der Corona-Schock über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung den Immobilienmarkt. Schätzungen des IMF und der OECD gehen davon aus, dass sich das schon schwache Wirtschaftswachstum weiter reduzieren wird. In Deutschland wird es aller Voraussicht nach in den nächsten Quartalen zu einer Rezession kommen. Die Gründe liegen auf der Hand: Konsumenten bleiben zu Hause, geben weniger Geld aus, Unternehmer verschieben Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen in die Zukunft. Die Produktion stockt. Dies alles hat Auswirkungen auf die Flächen- und Investmentnachfrage. Mit jeder neuen negativen Meldung nimmt die Bereitschaft, Immobilien zu erwerben ab, nehmen Vorsicht und Kaufzurückhaltung zu. Sorgen über die persönliche und gesellschaftliche Verwundbarkeit werden an Bedeutung gewinnen. Der Corona-Schock wird die Neigung in Immobilien zu investieren also auch mittelbar bremsen. Dabei ist zu beachten, dass die jüngste Immobilienhausse nach einem 10 Jahre andauernden Steigflug weit fortgeschritten ist und Teile des Wohnungs- und Büromarktes als sehr hoch bewertet gelten. Wenig kauffördernd sind auch die Themen Mietendeckel und Mietpreisbremse, die zusätzlich dämpfend auf die Nachfrage nach renditeorientierten Wohnimmobilien wirken.
Auf der Angebotsseite werden von Morbidität und Maßnahmen, die die Mobilität eindämmen, bremsend Einflüsse ausgehen. Dies betrifft alle personalintensiven Tätigkeiten, wie die Immobilienfinanzierung einschließlich der Immobilienbewertung, die Geschäftsabwicklung einschließlich Vertrags- und Notarwesen sowie vor allem die Bauwirtschaft. Letztere ist seit Jahren durch eine sehr hohe Auslastung der Produktionskapazitäten gekennzeichnet. Hohe Krankenstände und eingeschränkte Mobilität sowie der teilweise Mangel an Vorprodukten wird hier zu erheblichen Produktionsausfällen führen. Dementsprechend wird das Neubauergebnis 2021 deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben, da sich die aufgebauten Produktionsverluste der nächsten Monate aufgrund knapper Kapazitäten nicht aufholen lassen werden.
Vermutlich kann das Coronavirus als eine schwerwiegende negative externe Störung angesehen werden. Die Störung wird die Immobilienmarktentwicklung über die unmittelbaren Einflüsse hinaus vor allem über eine schwächere Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung und diesbezügliche Erwartungen temporär bremsen. Das wird sich auch in der Preisentwicklung zeigen. Der vergleichsweise steile Verlauf der letzten Jahre wird sich signifikant abflachen. Stärkere Wirkungen sind zu erwarten, wenn Covid-19 zu einer Marktzäsur führen sollte. Hiervon wäre zu sprechen, wenn das Virus die internationale Arbeitsteilung dauerhaft reduziert und wir uns in Richtung Nationalstaatlichkeit zurückentwickeln sollten.
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