Vorheriger Blog-Eintrag
Finanztest analysiert Immobilienpreise
Wohnflächenverbrauch: Einwohner leben auf immer mehr Quadratmetern
Bürobeschäftigungsquote 2020: Hohe Unterschiede zwischen Stadt und Land
Die Veröffentlichungsreihe Marktaspekte geht in die nächste Runde. In kurzen und prägnanten Beiträgen beleuchten wir aktuelle sowie andere wesentliche Ereignisse des Immobilienmarktes. Heute widmen wir uns dem Thema „Bürobeschäftigungsquote“ und den hohen Unterschieden dieser zwischen Stadt und Land. Gleichzeitig gehen wir auf die Frage ein ob die pandemiebedingte Abkehr von der Präsenzpflicht diese Verteilung verändern wird.
Hohe Unterschiede zwischen Stadt und Land
Seit vielen Jahrzehnten gewinnen in Deutschland Dienstleistungen in Relation zu Industriearbeit und Handwerk an Bedeutung. Im vergangenen Jahr arbeiteten rund 75 % aller Erwerbstätigen im tertiären Sektor. Das spiegelt die allmähliche strukturelle Veränderung der bundesdeutschen Wirtschaft seit den siebziger Jahren wider, als nur rund 45 % in diesem Sektor tätig waren. Von der strukturellen
Veränderung haben in besonderer Weise die Städte profitiert, die als regionale, nationale oder internationale Zentren fungieren. In diesen Städten materialisieren sich seit langer Zeit die geografischen Effekte der wachsenden Dienstleistungsintensität. Dabei sind sehr viele Dienstleistungen mit Büroarbeit verbunden.
Die Karte zur Bürobeschäftigungsquote 2020 macht deutlich, wie stark sich die Büroarbeit auf städtische Agglomerationen konzentriert. Die Grundlage der Karte bildet eine Auswertung der sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort nach Berufsgruppen. Der Auswertung zufolge liegt die Bürobeschäftigungsquote in Städten wie Berlin, Frankfurt/Main und München bei über 60 %, während sie in den meisten ländlichen Kreisen um die 40 % beträgt.
Wird die pandemiebedingte Abkehr von der Präsenzpflicht diese Verteilung verändern?
Eher wenig. Das Homeoffice wird einerseits in begrenztem Umfang zu obsoleten Büroflächen führen. Hierfür sprechen die schwache Büroflächennachfrage seit dem zweiten Quartal 2020 und moderat steigende Büroflächenleerstände, die sich aber in Summe noch immer auf niedrigem Niveau bewegen. Andererseits ist nicht davon auszugehen, dass die Pandemie die räumliche Verteilung der Büroarbeitsplätze signifikant verschieben wird.
Schon in den sechziger Jahren wurde hinterfragt, ob die Zusammenballung von Wohn-, Arbeits- und Einkaufsstätten in Zukunft überhaupt noch notwendig sein müsse. Tatsächlich ist es anders gekommen. Die räumliche Konzentration hat sich trotz einer zunehmend besseren Informationstechnologie weiter erhöht. Dabei beinhaltet die moderne Technologie – einem phantastischem Verkehrssystem gleich – schon seit einiger Zeit das Potenzial, die räumliche Entfernung in mancherlei Hinsicht zu einem völlig belanglosen Thema werden zu lassen.
Ortsungebundenes Arbeiten wird mit ziemlicher Sicherheit bleiben und in den nächsten Jahren werden weiterhin viele Arbeitnehmer einen Teil der Woche an heimischen Schreibtischen sitzen. Gleichzeitig besteht aber darüber Einigkeit, dass Büroanwesenheit für Teambildung, Unternehmensidentifikation, die Integration neuer Mitarbeiter und kreative Zusammenarbeit von erheblichem Vorteil sind.
Zu den Implikationen der Corona-Krise könnte mithin gehören, dass flexible Büroflächen – sowohl intern als auch extern, zum Beispiel in Form von Coworking-Flächen – nennenswert an Bedeutung gewinnen werden. Diese Flächen dürften für viele Büroarbeiten eine Alternative zu dem klassischen Büro in Form von eigenem Schreibtisch, Desktop-PC und Zimmerpflanze darstellen, ohne dieses vollständig zu verdrängen.
Autoren