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Bevölkerungswanderungen über Kreisgrenzen
Eine weitere Ausgabe der Veröffentlichungsreihe Marktaspekte. In kurzen und prägnanten Beiträgen beleuchten wir aktuelle sowie andere wesentliche Ereignisse des Immobilienmarktes. Heute beschäftigt uns das Thema „Bevölkerungswanderungen über Kreisgrenzen“
Soll die Einwohnerzahl gehalten werden, ist Zuwanderung unabdingbar
In Deutschland hatten im Jahr 2020 lediglich 41 von 401 Kreisen einen Geburtenüberschuss, darunter 22 Stadtkreise und 19 Landkreise. Entgegen der noch immer weit verbreiteten Ansicht konnten vor allem die sieben größten deutschen Städte Geburtenüberschüsse verbuchen, an erster Stelle München (5.283 Personen), gefolgt von Frankfurt am Main (2.525), Hamburg (2.123), Berlin (1.051) und Stuttgart (1.026). Das heißt umgekehrt: Von wenigen Gebieten abgesehen sind Land und Stadt von Zuwanderungen abhängig, wenn sie Einwohnerverluste vermeiden wollen.
Seit der hohen asylbedingten Zuwanderung im Jahr 2015 ist der Wanderungssaldo gegenüber dem Ausland deutlich rückläufig. Die COVID-19-Pandemie hat diese Entwicklung zusätzlich verstärkt. Im Jahr 2020 betrug der Wanderungsüberschuss nur noch 220.000 Personen, was dazu führte, dass die Einwohnerzahl geringfügig nachgab. Für das Jahr 2021 lassen die bisher vorliegenden Daten einen etwas höheren Wanderungsüberschuss erwarten. Das Statistische Bundesamt geht von 270.000 bis 320.000 Personen aus. Dies reicht aber nur knapp, um die Einwohnerzahl konstant zu halten.
Die Tabelle schlüsselt das Wanderungsgeschehen von 2011 bis 2020 nach siedlungsstrukturellen Kreistypen auf. Dahinter steht die Frage, welche Siedlungsstrukturen in besonderer Weise von den Bevölkerungsbewegungen der letzten Jahre betroffen waren. Für die Auswertung wurden alle Fort- und Zuzüge über die Kreisgrenzen berücksichtigt, unabhängig davon, ob es sich um Binnenwanderungen oder transnationale Wanderungen handelte.
Die Tabelle macht Folgendes deutlich:
- Kreisfreie Großstädte und städtische Kreise hatten in den letzten 10 Jahren einen erheblichen Bevölkerungsaustausch. Beide Siedlungsstrukturtypen erfuhren mehr als 15 Millionen Zuzüge und über 13 Millionen Fortzüge. Alles in allem zogen hier rein rechnerisch zwei Drittel der Bevölkerung über Kreisgrenzen zu oder fort.
- Ein sehr viel geringeres Umzugsverhalten zeigen die Einwohner in den ländlichen Kreisen, insbesondere in den dünn besiedelten ländlichen Kreisen. Dort wanderte in den letzten 10 Jahren nur jeder fünfte zu oder fort.
- Alle Siedlungsstrukturtypen verzeichneten von 2011 bis 2020 einen positiven Wanderungssaldo. In den kreisfreien Großstädten und in den städtischen Kreisen war hierfür der Zuzug von Ausländern ausschlaggebend. In den ländlichen Kreisen resultieren die positiven Wanderungssalden der letzten 10 Jahre aus Wanderungsüberschüssen von In- und Ausländern, wobei der Zuzug von Ausländern deutlich stärker ins Gewicht fiel.
- Da vor allem jüngere Menschen mobil sind, gehen von Wanderungen tendenziell verjüngende Effekte auf die Bevölkerung aus. Hiervon profitierten nicht zuletzt die wenigen Städte, die einen positiven Geburtenüberschuss erzielten.
- In den nächsten Jahren werden immer weniger Jüngere immer mehr Älteren gegenüberstehen. Dies wird die natürliche Bevölkerungsentwicklung weiter drücken. Das heißt, dass man in Zukunft eine zunehmende Nettozuwanderung benötigt, um einen flächendeckenden Einwohnerverlust zu vermeiden.
- Offen ist, inwieweit die zu beobachtende Aufweichung der Trennung von Wohn- und Arbeitsort die räumliche Bevölkerungsverteilung bleibend beeinflussen wird. Grundsätzlich könnte dies zu einer verstärkten Binnenwanderung zugunsten von Gebieten mit geringerer Bebauungsdichte und günstigeren Wohnimmobilienpreisen führen.
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